Für einen Porno wäre das vermutlich nichts Ungewöhnliches: monatlich über 1,5 Millionen Besucher auf der Website; eine überdurchschnittlich hohe Dichte von „geil“ und „scheiße“ in der Ausdrucksweise; mehr als 8 Millionen verkaufte Exemplare, bei denen einem die Vulgarität förmlich ins Gesicht springt. Aber das Ganze bei einem Buch über den Sinn des Lebens? In der heutigen Zeit?

Die Faszination des Buches, um das es hier gehen wird, liegt wohl darin, dass es weit über den unmittelbaren Blick auf intime Erfahrungen eines Mannes hinausgeht und zeigt, warum jeder von uns sein Leben selbst in der Hand hat.

Ein Blick auf die Zahlen verrät gleich, dass da mehr dran sein muss als nur Effekthascherei und Triebbefriedigung

Wenn wir die New York Times-Bestseller-Liste als Indiz für die Themen ansehen, die aktuell in der Gesellschaft wichtig sind, wird klar, dass Werte und Sinn total im Trend sind.

Mark Manson – der amerikanische Blogger, dessen eingangs erwähnte Website 1,5 Millionen Besucher pro Monat anzieht – verbrachte mit seinem Buch „The Subtle Art of Not Giving a Fuck“ (dt. Titel: „Die subtile Kunst des Draufscheißens“) mehr als drei Jahre auf dieser Liste. 179 Wochen, um genau zu sein.

Was ist dran an einem Menschen und dessen Schilderungen in seinem Buch, das für mich die Grenzen des guten Geschmacks überschreitet und trotzdem über acht Millionen Mal verkauft und in 30 Sprachen übersetzt wurde?

Tiefer Sinn statt sexy Selfies?

Der gesellschaftskritische Autor hat den Nerv der Zeit getroffen, indem er gesellschaftliche Themen wie Massenkonsum, Selbstoptimierung und den stärker werdenden Zwang zur Inszenierung thematisiert und harsche Kritik daran übt. Sexy Selfies, höchste Produktivität, geile Sportwagen – was soll das alles, fragt er?

Mark Manson hat das Bedürfnis von uns Menschen klar benannt: Kontrolle über das eigene Leben zu haben, zumindest augenscheinlich. Und er zeigt am eigenen Beispiel, dass die Sehnsucht nach Werten wie Ehrlichkeit, Mitgefühl und einem tieferen Sinn im Leben aktuell wieder da ist.

Aber im Kern war das Streben nach Sinn nie weg bei uns Menschen.

Ganz im Gegenteil, es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis als solches: der Wille zum Sinn und die Fähigkeit, darüber nachzudenken, ist es erst, was uns überhaupt menschlich macht.

Die Sehnsucht danach, ein sinnvolles Leben zu führen, verbindet uns. Sie hat jetzt nur eine weitere, andere Ausdrucksform gefunden, nämlich die der Popkultur mit häufigen Grenzüberschreitungen, großer Ambivalenz und dem Gebrauch von Massenmedien.

Leidvoll und sinnvoll, zufällig ganz persönlich?

Als Viktor Frankl sein Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ nach dem zweiten Weltkrieg (1946) veröffentlichte, wurde es ohne die heutigen Massenmedien zum Bestseller. Dies lag bestimmt auch in der direkten, schockierenden und gleichzeitig berührenden Ehrlichkeit begründet, mit welcher der Arzt und Psychotherapeut seine Erlebnisse im Konzentrationslager schilderte.

Vor allem lag es wohl daran, dass er authentisch und nachvollziehbar aufzeigte, warum unser menschlicher Wille zum Sinn auch in schwersten Krisen erfüllt werden kann – und damit Mut machte in einer Zeit, in der das Bedürfnis nach Zuversicht und Sinn besonders ausgeprägt war.

Durch seine persönlichen Erfahrungen im Konzentrationslager, die an Brutalität und Menschenverachtung bis heute kaum zu begreifen sind, zeigte Viktor Frankl, dass wir auch im Leiden Sinn entdecken können, ja dass das Leiden selbst einen Sinn hat. Er war es, der durch seine Schilderungen und die daraus folgenden Grundgedanken der Logotherapie klarmachte, dass wir dem Leben zu jedem Zeitpunkt einen Sinn „abringen“ können – und ja, das verlangt die bewusste Auseinandersetzung mit und Arbeit an uns selbst. Und ganz egal, wie schei*e es auch gerade sein mag, es liegt immer an uns selbst, diesen Sinn zu entdecken. Wie gut, dass es Bücher wie dieses gibt.

Fügung oder Ausdruck von Menschlichkeit?

Ist es nun wirklich ein Zufall, dass Mark Manson, der meinen Recherchen zufolge nichts von Viktor Frankl wusste oder weiß, eines seiner Kapitel „Der Wert des Leidens“ genannt hat? Oder dass ein anderes Kapitel den Titel „Man hat immer die Wahl“ trägt und dabei die Wichtigkeit von Verantwortung und bewussten Entscheidungen in den Mittelpunkt stellt? Oder auch, dass er im letzten Kapitel „Und dann stirbst du“ von etwas spricht, das „jenseits von uns selbst liegt“? Viktor Frankl hat genau das Selbsttranszendenz genannt.

Die Parallelen dieser zwei Bücher zeigen klar auf, dass wir Menschen – egal zu welcher Zeit, in welcher Gesellschaft oder Generation – gar nicht umhinkönnen, uns mit Werten und Sinn im Leben auseinander zu setzen? Eben, weil wir Menschen sind.

Wir selbst, niemand sonst

Persönliche Geschichten und Erfahrungsberichte wie diese machen deutlich, dass es an uns selbst liegt, die für uns wichtigen Werte zu identifizieren, klare Entscheidungen zu treffen und den Sinn im ganz eigenen Alltag zu entdecken. Manchmal fühlt sich das beschissen an, weil nur wir selbst und niemand anders etwas dafür tun können.

Und dann fühlt es sich großartig an, weil nur wir selbst (und niemand anders) etwas dafür tun können.

Krasse Geschichten, krasse Unterschiede – und Gemeinsamkeiten

Verschiedene Generationen gehen anders mit der Sinnsuche und der darin liegenden Verantwortung um. Sie nutzen anderen Medien, folgen anderen Menschen und haben andere Ausdrucksformen.

Viktor Frankls Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ wurde bis zum Zeitpunkt seines Todes 1997 über 10 Millionen Mal gekauft und in 24 Sprachen übersetzt. Seine Kernbotschaften über den Sinn im Leben werden nie an Aussagekraft verlieren. Vielleicht aber scheuen manche Menschen heutzutage die direkte Konfrontation mit den sehr eingängigen Schilderungen. Vielleicht wirken die Erinnerungen des Autors für andere ganz weit weg, nicht annähernd wie ein Teil ihrer Lebenswirklichkeit. Es können solche Gründe sein, dass die heutige Leserschaft deswegen besser an die teils profan wirkenden Erlebnisse eines jungen Amerikaners andocken als an die eines KZ-Überlebenden.

Mark Manson wuchs in einer anderen, wirtschaftlich und gesellschaftlich stabileren Zeit auf. Er musste nicht einen Tag im Konzentrationslager leiden. Er weiß wohl nicht, was es bedeutet, wirklich Hunger zu haben.

Und doch gelingt es ihm, seine eigenen leidvollen Erfahrungen und Herausforderungen der heutigen Zeit ehrlich und unverblümt zu teilen – mit viel „scheiße“ und „geil“, was eine seltsame Nähe schafft.

Er spricht offen über Schicksalsschläge, wie den Tod seines besten Freundes im Teenageralter. Und er fordert uns auf, den Sinn im eigenen Leben zu suchen, auch wenn es schwer ist. Der amerikanische Blogger hat sein leidvolles Dasein als „Loser“ (Mark Manson) in eine sinnstiftende Tätigkeit als Autor transformiert. Und dadurch Millionen von Menschen berührt, schon krass.

Wie wir alle, egal welcher Generation wir angehören, wird sich Mark Manson weiterhin danach sehnen, ein sinnvolles Leben zu führen und entsprechend der für ihn richtigen Werte zu leben. Er wird immer mal frustriert sein, dass er nicht alles im Leben haben kann und dann doch erleichtert, weil er gelernt hat, Sachen bewusst abzulehnen, die nicht gut für ihn sind. Er wird um Sinn ringen. Und er wird den Tod nicht als Bedrohung ansehen, sondern als Erinnerung dafür, wie wertvoll das Leben ist. „In der Rückschau ist der Tod jedoch auf eine bizarre Art und Weise das Licht, durch das der Schatten von jeglichem Sinn im Leben gemessen wird. Ohne den Tod würde sich alles belanglos anfühlen, jede Erfahrung wäre beliebig, alle Kennzahlen und Werte plötzlich gleich null“ (eigene Übersetzung).

Inspiration, Mut, Zuversicht von anderen – und die Aufgabe liegt bei uns selbst

Menschen wie Viktor Frankl oder Mark Manson, die unterschiedlicher nicht sein könnten, können uns Mut machen, nach einem Sinn im Leben zu suchen, auch wenn es verdammt schwer sein kann. Sie können uns inspirieren, doch wir selbst müssen jetzt ran. Was diese zwei Persönlichkeiten vereint, wenngleich in einer anderen Zeit und in einer anderen Sprache, dann ist es die Überzeugung, dass es sich lohnt, auf das zu schei*en, was uns keinen Sinn bietet. Und uns für das zu entscheiden, was gut und wertvoll ist. Das stimmt zuversichtlich.

Wunderschön oder beschissen – aber immer sinnvoll ist es, unserer Verantwortung nachzukommen und Sinn im eigenen Leben zu suchen. Hier und jetzt.

(Weitere) Perlen für moderne Tiefseetaucher:

Ein Artikel von: Dr. Nina Bürklin.

 

 

„Wozu fordert uns diese Situation heraus?“ war und ist eine Frage, die wir uns in unserer Rolle als Referenten seit Ausbruch der Pandemie immer wieder gestellt haben.

Prozesse und Abläufe, die wir in unseren zahlreichen Fortbildungen über Jahre erarbeitet und erfolgreich angewandt hatten, wurden plötzlich unmöglich, weil keine Präsenzveranstaltungen mehr erlaubt waren

Nun lag und liegt es also an uns selbst, die freien Bereich zu erkennen und neue Möglichkeiten in der Online-Vermittlung von Lerninhalten zu entdecken.

Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Reichweite von Uni-Kursen plötzlich weit über Studenten in München hinausgehen kann und auch internationale Teilnehmer aus der Türkei, Ghana oder Italien dabei sind? Und ist es nicht erstaunlich, dass gerade digitale Tools eine gut geführte, nachvollziehbare Diskussion zwischen Dozent und Teilnehmern ermöglicht?

Entgegen aller Vorbehalte, die wir im März 2020 noch hatten, ist auch in zwei-tägigen Fortbildungen bisher niemand eingeschlafen. Das Teilnehmer-Feedback wie auch die Lernerfolge sind nachweislich die gleichen.

Uns macht das Mut, weiter neue Wege zu gehen – auch dann, wenn wir eines Tages besser mit dem Virus umgehen gehen. Für Sie haben wir deswegen unsere wichtigsten Learnings für Online-Fortbildungen zusammen gestellt.

Vor der Sitzung / Session

  • Einen eigenen, ziemlich detaillierten Plan, zur zeitlichen Einteilung der Fortbildung erstellen. Wichtig ist hierbei, auch ausreichend Pausen (für sich selbst und die Teilnehmer) einzuplanen.
  • Unbedingt notwendig: mit der entsprechenden Software und deren Funktionsweise auseinandersetzen. Hilfreich kann auch ein Test im privaten Umfeld sein, ob alles funktioniert; dazu gehört u.a. auch der Umgang mit Slides bei gleichzeitigem Einblenden der Teilnehmer.
  • Eine stabile Internetverbindung sicherstellen!
  • Leitlinien für Teilnehmer zur Vorbereitung auf die Online-Fortbildung schicken (z.B. Video an, Ton aus, stabile Internetverbindung sicherstellen).
  • Das inhaltliche Material (zum Beispiel Charts) vorab zur Verfügung stellen, üblicherweise per e-Mail.
  • Teilnehmer sollten sich bei einem Meeting (z.B. Zoom) mit ihrem richtigen Namen benennen, sodass man besser zusammenarbeiten kann.
  • Nach Möglichkeit sollten alle Teilnehmer ihr Video standardmäßig angeschaltet haben, dafür aber das Mikro ausgestellt. Die Stummschaltung kann und sollte natürlich aufgehoben werden, um ins Gespräch zu kommen oder zu einer Diskussion beizutragen. Es ist jedoch wichtig, Teilnehmern zu Beginn zu erklären, dass Hintergrundgeräusche (z.B. Müllauto fährt vorbei, Hund bellt, Kinder streiten) die Audioverbindung der aktuellen Sprecher stört, und dass es daher wichtig ist, das eigene Mikro. nur anzustellen, wenn man selbst spricht.
  • Nach Bedarf interaktive Tools wie Wordclouds (z.B. mentimeter) oder virtuelle Whiteboards (z.B. miro) mit entsprechenden Fragen und Links vorbereiten.
  • Den Umfang und die zeitliche Struktur klar an die Teilnehmer kommunizieren. Auf welche Zeitblöcke und welche Pausen können sie sich einstellen?

Während der Sitzung / Session

  • Es hat sich als sehr hilfreich erwiesen, eine sog. Seminarbetreuung zu haben, die sich z.B. um Fragen / Kommentare im Chat kümmert und bei technischen Problemen der Ansprechpartner ist.
  • Wenn Probleme oder Fragen auftreten, Teilnehmer ermutigen, kurz das Mikro einzuschalten und Fragen direkt auszusprechen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass technische Probleme nicht vom Referent geklärt werden können – alle anderen Teilnehmer bezahlen gerade für Fortbildungsinhalte. Stellen Sie also sicher, dass Sie einen technischen Support haben.
  • Die Teilnehmer bewusst und direkt ansprechen, gerne auch mit dem Namen (sofern es sich natürlich anfühlt).
  • Immer wieder den direkten Blickkontakt suchen: dafür immer wieder direkt in die Kamera schauen (auch wenn es sich am Anfang merkwürdig anfühlt).
  • Gestik und Mimik bewusst einsetzen; mit den Händen zu gestikulieren kann hilfreich sein, wenn ein ausreichender Abstand zur Kamera besteht.
  • Klare Erklärungen über das eigene Verhalten geben, z.B. ich teile jetzt meinen Bildschirm, um Ihnen das Schaubild zu zeigen.
  • Den Teilnehmern ausreichend Zeit lassen, auf Fragen zu antworten – dies kann manchmal länger dauern als in Präsenz-Veranstaltungen.
  • Zwischendurch immer mal wieder „einchecken“, ob auf Teilnehmerseite alles gut ist (generell gut, nicht nur im Online-Kontext).
  • Balance finden zwischen Wissensvermittlung (eher im Vortragsstil) und interaktiven Elementen (bspw. Gruppenarbeit, Diskussionen im Plenum, etc.)
  • Falls möglich und gewünscht, Gruppenarbeit in Break-Out-Groups anbieten.

Nach der Sitzung / Session

  • Sofern benötigt, Follow-Up mit Links zu Artikeln oder anderes Material verschicken (üblicherweise per E-Mail).
  • Ganz wichtig: anonymes Feedback einholen, zum Beispiel kostenfrei über Google Forms oder Typeform. Dies ermöglicht dem Referenten, für zukünftige Fortbildungen dazu zu lernen und die wertvollen Rückmeldungen über Erfahrungen in weitere Veranstaltungen einfließen zu lassen.

 

Ein Artikel von: Dina Roos & Dr. Nina Bürklin.

Wenn uns jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass 95-Jährige sich in Online-Behandlungen einwählen und diese mit messbar vergleichbarem Erfolg absolvieren, wie noch in 2019 in der Präsenz-Therapie, hätten wir das nicht geglaubt.

Seit Ausbruch der Corona-Krise haben sich auch Therapeuten getraut, das, was für Meetings im wirtschaftlichen Bereich weltweit seit Jahren gut funktioniert, auf die Therapie-Situation zu übertragen. Wir haben mit Faszination miterlebt, wie Patienten und Therapeuten gemeinsam mit Erfolg gewachsen sind. Langjährige Erfahrungen mit Video-Calls und Online-Meetings der Wirtschaft haben hier den Weg geebnet.

Eins ist klar: Online-Sitzungen werden nie die persönliche Begegnung ersetzen. Das ändert aber nichts daran, dass wir in der aktuellen Zeit Herausforderungen und Risiken gegenüberstehen, die wir als Therapeuten und Coaches nicht leugnen können.

Auch wir hätten vor einem Jahr noch in Frage gestellt, ob es möglich ist, zu einem Menschen, mit dem man nur über Bildschirm arbeitet, einen persönlichen und direkten Kontakt aufzubauen. Können wir unseren Patienten/Klienten wirklich begegnen? Können wir sie spüren? Können wir sie online darin begleiten, ins Spüren zu kommen?

Nach nunmehr einem Jahr Erfahrung mit Online-Behandlungen ist es für uns umso beeindruckender, wie wertvoll eine Session online sein kann.

Auch wenn wir in einem andauernden Lernprozess für Online-Therapie und Coaching sind, haben wir unsere eigenen Erfahrungen gesammelt. Wir haben im weiteren Verlauf die für uns wichtigsten Erkenntnisse der letzten Monate für Sie zusammengefasst.

Vor der Sitzung / Session

  • Rechtzeitig die Plattform angeben, die genutzt wird, sodass Klienten/Patienten sich vorbereiten können. Es hat sich als sehr sinnvoll erwiesen, vor tatsächlicher Terminvereinbarung einen kurzen Testdurchlauf anzubieten.
  • Eine stabile Internetverbindung sicherstellen.
  • Eigener Technik-Check:
    • Funktioniert die Audio-Funktion (Mikro checken); das eigene Umfeld sollte so ruhig wie möglich sein, um Störgeräusche zu vermeiden.
    • Funktioniert die Video-Kamera?
    • Licht: idealerweise von vorne; die Lichtquelle sollte nicht hinter Ihnen sein
    • Höhe der Kamera (ggf. integriert im Laptop): am besten auf Augenhöhe
    • Sitzposition: eine gute Armlänge entfernt vom Bildschirm
  • Technik-Check mit dem Patienten/Klienten:
    • Hat er/sie die entsprechende Software installiert?
    • Im kurzen Testtermin gemeinsam üben, wie die Sitzung initiiert wird (o.)?
  • Wie bei jeder anderen Sitzung/Session auch: vorbereiten mit Notizblock oder Textprogramm – bei Verwendung eines Textprogramms ist es wichtig, mit Klienten zu besprechen, dass Sie am Computer dokumentieren – Klienten ermutigen, dass sie bitte sofort sagen, wenn sie sich durch das Klickgeräusch gestört / abgelenkt fühlen – in dem Fall analog mitschreiben.
  • Was Sie ohnehin tun: frische Luft reinlassen, ggf. mit einem Glas Wasser ausrüsten etc. Und dann kann’s losgehen!

Während der Sitzung / Session

  • Im Vorfeld besprechen, welche Problemstellungen eine Behandlung übers Internet aufwerfen kann. Wir teilen gerne, was wir sagen:
    • Aufgrund zeitverzögerter Tonübertragung kann es passieren, dass wir uns vielleicht mal ins Wort fallen. Da möchte ich, dass Sie im Vorfeld wissen: das ist nicht unhöflich gemeint, sondern das kann daran liegen, dass wir uns gegenseitig manchmal erst eine Sekunde zeitverzögert hören. Wenn wir merken, dass das passiert, müssen wir einfach nur ausmachen, wer jetzt dran ist.
    • Manchmal kann die Internetverbindung instabil werden, weil vielleicht gerade der Sohn vom Nachbar die aktuellen Hausaufgaben für den Lehrer hochladen muss. In diesen Situationen bleibt dann vielleicht mal unser Bild stehen oder wir hören uns kurz nicht richtig. Das geht erfahrungsgemäß nicht länger als ein paar Sekunden. In solchen Situationen sagen wir einfach belanglose Dinge, z.B. übers Wetter, oder was wir heute anhaben, bis wir uns wieder gut hören und sehen. Wichtig ist: wir lassen uns durch so etwas nicht aus der Ruhe bringen. Das ist dann wie Regen.
    • Und manchmal ist einfach der Wurm drin und unsere Klienten kriegen die Audioverbindung gar nicht hin, oder der Rechner kühlt und macht so starke Geräusche, dass es sich anhört, als würde im Raum des Klienten der Staubsauer laufen. In solchen Fällen rufen wir unsere Klienten einfach auf dem Handy an und stellen die Lautsprecher an. Wichtig: Sofort Lautsprecher unserer Internetplattform ausschalten – sonst haben wir eine unangenehme auditive Rückkopplung. So behalten wir das Bild unserer Klienten und können uns problemlos übers Handy hören.
  • Direkten Blickkontakt suchen: dafür immer wieder direkt in die Kamera schauen (auch wenn es sich am Anfang merkwürdig anfühlt). Dies gilt inbesondere in Sprechpausen, wenn sie Ihrer/m Klient(in) das Gefühl bestätigen wollen, dass Sie mitfühlen bzw. ganz bei Ihr / ihm sind. Dafür ist auf Klientenseite essentiell wichtig, dass sie sich angeschaut fühlen.
  • Gestik und Mimik bewusst einsetzen; mit den Händen zu gestikulieren kann hilfreich sein, wenn ein ausreichender Abstand zur Kamera besteht.
  • Klare Erklärungen über das eigene Verhalten geben, z.B. „ich teile jetzt meinen Bildschirm, um Ihnen ein Schaubild zu zeigen.“
  • Dem Patienten/Klienten ausreichend Zeit lassen, auf Fragen zu antworten. Beachten Sie auch im laufenden Gespräch, dass eine zeitliche Verzögerung in der Tonübertragung das Risiko bergen kann, dass man sich ins Wort fällt.
  • Manchmal müssen wir aber auch ins Wort fallen, weil Klienten sich verzetteln oder vor Gefühlen ‚davonlaufen‘. In diesen Fällen signalisieren kann man gestisch das Timeout formulieren und dazu sagen: „Ich würde Sie an dieser Stelle gerne unterbrechen. Sie haben da gerade etwas ganz Wichtiges gesagt. Geben Sie sich mal diesen Raum, dem Gesagten nachzuspüren. Darf ich nochmal wiederholen, was Sie da gerade gesagt haben?“

Nach der Sitzung / Session

  • Vor dem Ende ist nach dem Ende. Uns muss spätestens 5 Minuten vor dem Ende der Sitzung klar sein, dass wir kein neues Fass mehr aufmachen. Nachdem das Ende sich abrupt anfühlen wird, müssen wir in den letzten Minuten ganz bewusst Tempo rausnehmen und durch eine Zusammenfassung der Stundeninhalte unsere Klienten auf das Ende vorbereiten.
  • Das Online-Meeting für beide Seiten bewusst beenden. Wenn möglich, unseren Klienten zuerst das Meeting verlassen lassen. Falls dies unseren Klienten überfordert, verbalisieren: „Ich beende jetzt gleich das Meeting für uns beide. Das ist ein abruptes Ende, weil wir nicht mit dem Umweg über die Garderobe Räumlichkeiten verlassen. Wir verabschieden uns jetzt also ganz bewusst.“
  • Das Ende dieser Sessions fühlt sich anders an als in der Präsenzbehandlung. Gestatten Sie als durchaus Raum für Winken und 2x bewusstes „Auf Wiedersehen“-Sagen.
  • Aufstehen, kurz bewegen, ggf. frische Luft reinlassen.
  • Durchatmen und einen eigenen Abschluss finden.